Der Stalker im Restaurant
- Markus
- Jun 5, 2018
- 4 min read
Updated: Oct 19, 2021

Bisher waren mir Menschen, die alleine in ein Restaurant oder eine Bar gehen immer etwas suspekt. Gut, vielleicht hat er ja das alleine sein selbst gewählt.. oder aber Mitmenschen meiden ihn. Letzteres empfinde ich wahrscheinlicher, denn fühlt man sich in dieser Situation nicht unglaublich einsam? Würde man nicht viel lieber am Tisch mit dem vielen Gelächter sitzen? Nun.. man würde nicht. Ok, Ich würde nicht. Hm, ich bin wohl auch schon suspekt geworden... Es ist nicht der Wunsch nach Gesellschaft der mich beschäftigt sondern viel mehr diese Aura an Verdächtigung die mich durch "unauffällig" fragende Blicke trifft. Ob was mit mir nicht stimmt? Ich sitze in einer Hafenbar in Griechenland und denke an die vergangenen Tage. Die Angst vor dem Anderen ist tiefer und weiter verbreitet als ich vermutet hatte.

Überall werde ich gewarnt wie gefährlich alles ist und ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Ob ich Kampfsport kann. In Deutschland warnte man mich vor Iran. In Ungarn vor Serben und Schwarzen. In Serbien vor Moslems. In Bulgarien vor allen Orten östlich der Türkei. In Griechenland vor den Türken.
Ist denn tatsächlich nur der Ort an dem ich lebe OK? Wenn ich frage wieso ich denn aufpassen soll und was denn jetzt genau die Gefahr ist werde ich auf die Medien verwiesen. Ah ja. Wenn ich mir mit einiger Distanz so betrachte was gerade im TV läuft wundert mich gar nichts mehr. Dass die Medien kein Abbild der Realität sind scheint unwichtig. Ein Ertrinken durch einen Haiangriff ist halt spannender als der Tod in der Badewanne. So kann man schnell auf die Idee kommen die Welt bestünde nur aus Kriminalität, Krieg, "schönen" Menschen, "fruchtbarer" Politik und Fußball. Statistisch gesehen gehe ich mit meiner Reise aber den viel vernünftigeren Weg, denn die meisten Straftaten werden im Kreis der Familie und Freunde verübt. Wie gesagt, statistisch gesehen.

Ich vertraue auf meine Sensibilität bei den Entscheidungen welche Menschen und Gegenden ich meide. Das funktioniert bisher ganz gut und ich bin überaus glücklich, dass es so viele gute Menschen gibt. Außerdem, wie baute mich ein vielreisender Bulgare erst augenzwinkernd auf: "Die gefährlichen Länder hast du ja bald hinter dir"
Und es wurde doch gefährlich!

Die vielen Kreuze, Grabsteine und Bilder am Straßenrand sind Zeugen. Im Vergleich zu dieser Aggressivität und Rücksichtslosigkeit wie ich sie die letzten 2 Wochen erlebt habe ist der Münchner Ring Kindergarten. Vor allem LKWs kennen keine Gnade. Dass ich mit dem Fahrrad Schwierigkeiten habe mich zu halten wenn ein riesiges Fahrzeug mit über 100 Sachen 1m an mir vorbei rast scheint man nicht zu bemerken. Abstand zum Vordermann? Egal. Nachdem alle am Handy hängen wird eh niemand Bremsen. Wieso müssen denn so viele Menschen von A nach B nach A nach C, und das in t-0?

Ich muss weg von dieser Straße und suche die Landstraßen bzw. Feldwege. Nach einer Weile versperrt mir ein schwarzer großer Hund mit fletschenden Zähnen und gestelltem Kamm den Weg. Ich drehe mich um und realisiere, ich bin umzingelt. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Soll ich das Pfefferspray einsetzen? Es gilt hier als Waffe und ich hätte danach wohl richtig Schwierigkeiten. Voller Adrenalin versuche ich langsam das Fahrrad zu drehen und rolle mit den Beinen auf der Stange raus aus dieser Situation. Das war knapp. Ich habe das Spray weggeworfen.
Bis ich mich überwinden kann es einzusetzen wäre es vermutlich zu spät und zudem möchte ich keine Schwierigkeiten mit dem Gesetz. Ich habe jetzt Deo und ein Feuerzeug wenn alles nichts hilft gegen böse Tiere.

Jetzt, hier in Griechenland ist dann irgendwie alles anders. Die Autos sind langsam und die Hunde liegen nur faul rum. Also ich meine die Tiere. Es gefällt mir hier.

Ein spontaner Wandertag

Noch kurz vor Griechenland war ich im bulgarischen Bansko. Mir war nicht bewusst, dass es in Bulgarien richtige Skigebiete gibt. Es sieht fast aus wie in den Alpen. Mein Plan war hier eine Nacht zu bleiben um dann nach Griechenland weiter zu fahren. 190 km in 3 Tagen. "Super easy, schaff ich in 2" denke ich und entscheide mich am nächsten Tag die 7 Seen Tour zu wandern. Meine Gastgeber sind eh so herzlich, dass ich hier gerne noch länger bleibe. Einige Details der Tour waren mir noch unklar. Sind die Wege schon begehbar? Packe ich 600 hm nach so viel Fahrrad fahren? Kann ich maps.me trauen? Wird schon laufen.

Am nächsten Morgen treffe ich am liebevoll vorbereiteten Frühstückstisch einen Franzosen. Er war Freunde in Sofia besuchen und ist auf gut Glück hier her gefahren weil er Berge mag. Er geht heute auch wandern und zufällig ist der Einstieg für seine Route zu dem er mit dem Mietauto fährt genau bei meinem Einstieg. Ich frage kurz und klar nimmt er mich mit. Perfekt. Aus Panzertape, Alufolie und einer Plastikflasche baue ich mir einen Rucksack und wir brechen auf.

Es waren wirklich sehr inspirierende 30 Minuten Autofahrt.
Diese Zeit war perfekt und irgendwie war klar, dass wir uns nicht dem Anderen zu seiner Tour anschließen, da wir beide vom alleine Reisen geschwärmt hatten.
Welche Harmonie...
Die Wanderung war dann wirklich wundervoll aber ich denke die Bilder sprechen für sich. Es wurden übrigens aus Eifer dann 1000 hm und ich kann heute nicht mehr laufen vor Muskelkater XD
